Traumatisierungen können zu einer empfindlicheren Wahrnehmung führen. . . 

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Erweiterte Wahrnehmungsfähigkeit – ein Phänomen, das sowohl den hochsensiblen wie auch den traumatisierten Menschen auszeichnet. 

Traumatisierungen können ebenso zu einer erweiterten Wahrnehmungsfähigkeit führen wie die ererbte Hochsensibilität.
Bisher ging man überwiegend von einer angeborenen Hochsensibilität aus.
Und tasächlich ist es häufig so, dass hochsensible Kinder entweder einen hochsensiblen Elternteil, oder andere Verwandte, wie z.B. Großeltern haben, die hochsensibel sind.

Auch wenn diese erweiterte Wahrnehmungsfähigkeit verschiedene Ursprünge hat. . .
Sie führt zu einem Leben mit einem hoch erregbaren autonomen Nervensystem.
Für die Betroffenen bedeutet dies einen immer währenden Balanceakt auf dem Kontinuum von     Reizüberflutung, verbunden mit belastenden körperlich und seelischen Reaktionen.
Diese emotionale Achterbahnfahrt ist in ihrer Herausforderung für viele kaum zu kommunizieren. Sie gibt ihnen das Gefühl, “anders” zu sein.
Damit sind viele Überzeugungen und Erfahrungen verbunden wie z.B.

  • keinen Platz im Leben finden zu können
  • einem nicht zu beschreibenden Sog von Überreizung hilflos ausgeliefert zu sein, was zusätzlich im beruflichen Alltag ein Hindernis bildet.
  • nur schwierig in Beziehung zu anderen Menschen treten zu können.
  • sich häufig nur bruchstückhaft zu erleben, weil ein bestimmter Teil in einer Situation keine Erlaubnis erhält, dabei sein zu dürfen.

Ohne also die Ursache dafür finden zu können oder zu müssen, ist eines sicher: Leben mit einer erweiterten Wahrnehmungsfähigkeit heißt Leben mit einem hocherregbaren autonomen Nervensystem.

Wie verhält es sich mit einem Trauma? Ein Trauma ist eine lebensbedrohliche Situation, die Reflexe des Nervensystems in Gang bringt, mit lebenslagen Folgen.

 Ursache für Traumata sind:

- Gewalterfahrung und körperlicher sowie seelischer Missbrauch
- Geburtstrauma mit lebensbedrohlichen Komplikationen
- Vorgeburtliche Traumata durch versuchte Abtreibung
- Gewalterfahrung der Mutter wärhend der Schwangerschaft oder danach
- zu frühe und abrubte Trennung von Eltern (durch Heimaufenthalt, Tod der Mutter kurz nach der
  Geburt, lebensbedrohliche Krankheiten, so dass Babys direkt nach der Geburt auf die
  Intensivstation kommen u. o. operiert werden müssen)      
- Entführung
- Vergewaltigung
- Kriegsverbrechen, wie Folter, Vertreibung, Massaker
- Kriegserleben
- Anhaltende Bedrohung durch einen eigenen Elternteil 
- Überleben einer Naturkatastrophe, eines Unfalls oder Überfalls
- Trennungserfahrungen von Bindungspersonen, die die Verarbeitungskapazität des Kindes
  überschreiten 
- Migration
- Isolation über längere Zeit

Es gibt Traumata, die einmalig für einen kurzen Zeitpunkt auf Menschen einwirken und sogenannte Komplextraumata, die über einen längeren Zeitraum anhalten. So kann man zum Beispiel auch eindeutig belegen, dass Menschen mit der Diagnose Borderline immer langwierige komplexe Traumasituationen als Kinder erlebt haben, in denen sie meist schwerst misshandelt wurden, insbesondere durch Familienmitglieder.

Es gibt aber auch Traumata, die als solche nie erkannt werden, weil Eltern glauben, dass Kinder ja noch nichts mitbekommen, wenn sie mit 8 Wochen auf der Intensivstation liegen. Doch das ist eine Illusion. Das menschliche Gehirn ist zum Zeitpunkt der Geburt so weit entwickelt, dass es sehr genau und fein wahrnehmen kann. Der Säugling ist fähig, Gefühle wie Angst, Einsamkeit, Panik oder Wohlbefinden und Vertrauen zu haben.

Insbesondere weil wir bei Traumatisierungen immer an extreme Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch, Folter oder Naturkatastrophen denken, vergessen wir schnell, dass es eine Vielzahl von Traumatisierungen bei Föten, Säuglingen und Kleinkindern gibt, die wirklich niemand realisiert. Durch die Abstumpfung der Gesellschaft in einer Aneinanderreihung von Kriegen über Jahrtausende fehlen den meisten Menschen die Antennen, um wirklich traumatisierende Erfahrugen bei Kindern zu erkennen.

Die ganz frühen Prägungen werden ohnehin verdrängt, desshalb können sich die meisten Menschen auch nicht an die eigene Geburt erinnern. Die Erfahrung der Geburt, ist fast immer ein Trauma, Sie ist vollständig auf Zellebene abgespeichert. Selbst eine Zeugung durch eine Vergewaltigung hinterlässt ihre Spuren im Bewusstsein des daraus entstandenen Menschen.


Durch das Erleben eines Traumas, hat das Nervensystem verschiedene Reflexe parat, um darauf zu reagieren:

1. der Flucht oder Kampfreflex
2. der Todstellreflex (Schockstarre), dieser lässt sich sehr gut bei Mäusen beobachten, die in den
    Fängen einer jadglustigen Katze sind.
3. es werden Unmengen von Stresshormonen freigesetzt, das Herz rast
4. es kommt zu Phänomenen von Ausblendung (Schmerz wird nicht mehr gefühlt), was später
    zu Zuständen von Dissoziation führen kann. 

 

Unser Körpersystem ist in der Lage, enorme Überlebenskräfte zu mobiliseren, um ein Tauma zu überleben. Sonst wären wir schon längst ausgestorben. Die lebenslang anhaltende Sensibilität für Reize und Reizüberflutung durch das erlebte Trauma aber bleibt.
Als folge kommt es bei einigen Menschen zu einer Posttraumatischen Belastungsstörung.

Nun kommen wir zu den interessanten Parallelen in der Forschung zur Hochsensiblität.

Es stellen sich folgende Fragen:

1. Warum weisen hochsensible Kinder schon einen dauerhaft erhöhten Cortisolspiegel im Speichel
    auf? Cortisol ist ein Stresshormon, das von den Nebennieren produziert wird.

2. Warum haben Hochsensible überhaupt ein beschädigtes Filtersystem? War möglicherweise zu
    Beginn der Entwicklung schon eine Reizübrflutung (durch ein Trauma) die eigentliche Ursache,
    warum Hochsensible später zu Reizüberflutung in Folge mangelnder Filterfähigkeit neigen?

3. Warum haben Hochsensible so viele Probleme damit, sich von anderen abzugrenzen? Warum
    sind sie so stark beeinflussbar durch die Stimmungslage anderer Menschen? Das ist eigentlich
    ein Zustand von Kindern unter 2 Jahren, die noch kein ausreichend entwickeltes Ich-
    Bewusstsein haben.

Es ist also durchaus möglich, dass ein gewisser Prozentsatz von Hochsensiblen durch eine frühe Traumatisierung hochsensibel geworden ist. Dazu zähle ich persönlich auch die Geburt und andere frühe Prägungen, die normalerweise in vielen psychologischen Beratungen ignoriert werden. Wenn wir dann noch berücksichtigen, dass Traumata häufig auch verdrängt werden, haben wir es mit einer Vielzahl an Menschen zu tun, die traumatisiert sind, aber gar nichts davon wissen. Auf der anderen Seite haben diese Menschen in der Regel ungeklärte Ängste, Panikattacken, Geräusch- oder Geruchsempfindlichkeit, Angst vor Autoritäten oder Beziehungsprobleme.

Allerdings bin nicht der Meinung, wie einige andere Autoren im Internet, dass Hochsensibilität nur eine verdeckte Störung, wie ADHS, Borderline o.a. Störungen darstellt. Ich beobachte sehr viele Schattierungen. Die oben genannten Diagnosen sind eigenständige Krankheitsbilder, die sich von der der Hochsensibilität unterscheiden lassen. Denn nicht jedes Opfer eines Traumas entwickelt als Folge daraus eine Persönlichkeitsstörung, wie Borderline oder eine Aufmerksamkeits- u. Affektregulationsstörung, wie ADHS.

Es gibt eine Vielzahl von Therapiemethoden, die sich in der Traumatherapie bewährt haben. 
Wichtig und manchmal nicht ganz einfach ist es, einen Therapeuten mit der richtigen Ausbildung
zu finden und der zu einem passt.