Ich nehme viele Dinge wahr, die für andere Menschen nicht warnehmbar sind. . .  

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Tu doch nicht so empfindlich oder stell Dich nicht so an. . .
Das haben sicher viele Hochsensiblen Menschen schon gehört. . . 

Hochsensible Menschen haben die Fähigkeit, innere und äussere Reize mit allen Sinnen besonders intensiv wahrzunehmen. Das ist eine Gabe und eine Herausforderung zugleich. . .

"Wenn mehrere Menschen gleichzeitig reden, dann geht die Belastung für mich ins Unerträgliche."

Je stärker die Sensibilität eines Menschen ist, desto durchlässiger für Reize sind die Filter im Gehirn.
Normalerweise blendet das Gehirn alle möglichen Reize aus dem Körperinneren und der Umwelt aus, die zur Ausführung einer geplanten Handlung nicht notwendig sind. Je feinfühliger wir sind, umso anstrengender ist es, Wahrnehmungen auszublenden.

Geräusche, Bilder oder Gerüche dringen ungefiltert ins Bewusstsein, die uns ablenken. Aus diesem Grund müssen sich Hochsensible Menschen bei allem mehr konzentrieren.



Alle Menschen, egal ob mehr oder weniger empfindlich, fühlen sich innerhalb einer bestimmten Bandbreite von Anregung durch verschiedenste Reize am wohlsten. Erhalten sie nicht genügend Anregung bzw. Stimulation, fühlen sie sich gelangweilt und unwohl. Sind sie hingegen mehr, oder intensiveren Reizen ausgesetzt als ihnen lieb ist, so fühlen sie sich überfordert, hilflos oder gar bedroht.

Ein gewisser Prozentsatz der Menschen, eben die HSP (Abkürzung für Hochsensible Personen), erreichen die optimale Anregung schon dann, wenn sich die nicht hochempfindliche Mehrheit noch langweilt. Ist eine Situation für die Mehrheit ausreichend laut, wild, interessant, "spannend", dann sind HSP oft bereits überreizt.

Dies liegt jedoch nicht daran, dass sie weniger Reize aushalten, sondern daran, dass sie mehr wahrnehmen.
Hochsensibilität hat die sehr reale physiologische Ursache eines besonders empfindlichen Nervensystems, oder eben weniger Übertragungsverluste, weil wir deutlich mehr der relevanten Neurotransmitter unser eigen nennen dürfen. Dadurch nehmen wir HSP mehr und feinere Einzelheiten auf. Auch verarbeiten wir alle Eindrücke ausführlicher und tiefer. Dies hat viele angenehme und nützliche Effekte, aber auch oft die Nebenwirkung, dass HSP den unangenehmen Zustand der Überstimulation merklich früher erreichen, wie nicht-HSP.

Hochsensible haben zwar Gemeinsamkeiten, sind jedoch in vieler Hinsicht sehr verschieden, auch bezüglich ihrer Sensitivität. Hochsensible Menschen erkennen einander oft nicht, weil ihre hohe Sensibilität in verschiedenen Bereichen gelagert sein kann:

Sensorisch sensible Menschen
 haben besonders feine Sinneswahrnehmungen: Geräusche, Gerüche, Licht und Farben wirken auf sie besonders stark. Oft haben sie in diesen Bereichen eine Begabung: musisch, künstlerisch, ästhetisch.
Nachteile: oft besonders lärmempfindlich, leicht irritiert, von vielen Sinneseindrücken schneller überlastet/überreizt.
Emotional sensible Menschen nehmen besonders die Feinheiten in zwischenmenschlichen Bereichen auf. Sie sind mitfühlend, hilfsbereit, empathisch, oft besonders genaue Zuhörer mit starker Intuition.
Herausforderungen: fühlen sich oft überfordert von der Last all dessen, was sie wahrnehmen. Oft reagieren sie in Gesprächen auf die Untertöne stärker als auf die ausgesprochene Botschaft   des Gesprächspartners.
Kognitiv sensible Menschen haben ein starkes 'Gefühl' für Logik, für 'Wahr oder Falsch', und denken in sehr komplexen Zusammenhängen. Haben oft besondere Begabungen aufwissenschaftlichem oder technischen Gebiet. Probleme können sich ergeben, wenn das komplexe Denken die Kommunikation im Alltag behindert.

Viele von uns sind in zwei oder in allen Bereichen sensibel, aber meist haben HSP einen Schwerpunkt in einem der Bereiche (spüren, fühlen, denken). Entsprechend ist es auch schwierig, allgemeingültige Tipps für die Alltagsgestaltung hochsensibler Menschen zu geben. Denn nicht nur die Begabungen liegen in verschiedenen Lebensbereichen, sondern auch die Schwächen und Problembereiche.

Unsere Veranlagung zur Hochsensibilität hat viele Auswirkungen für uns selbst und für die gesamte Kultur. In vielen alten Kulturen wurden die HSP deshalb besonders geschätzt und respektiert. In der modernen Wettbewerbs- und Heldenkultur ist unsere Veranlagung praktisch unbekannt, und wird oft als Schwäche, Einbildung, Neurose oder schlimmeres gesehen. Wir HSP sind eine Minderheit, jedoch als solche völlig normal und gesund veranlagt.

70% der HSP sind introvertiert und situationsbedingt häufig auf dem Rückzug. Dadurch werden wir oft als scheu, gehemmt oder asozial eingestuft – dabei sind die meisten von uns HSP mindestens ebenso sozial und kontaktfreudig wie nicht-HSP. Wir wünschen uns jedoch andere Rahmenbedingungen, um unsere sozialen Neigungen stärker zu leben, und oft eine andere Qualität des Kontaktes. Sie müssen darauf achten, das Rückzug nicht ihre einzige oder hauptsächliche Bewältigungs-Strategie wird, denn dies könnte zu Isolation führen.

Hochsensibilität ist keine Krankheit, keine Störung. Es ist etwas anderes wie Sozialphobie, Neurose oder ADS. Hochsensibilität ist eine normale Spielart innerhalb der Verschiedenheit menschlicher Anlagen, ebenso wie z.b. die Haarfarbe. Allerdings kann es zu Störungen und Leiden kommen, wenn wir unseren Alltag nicht Hochsensiblen-gerecht gestalten (können).

                           

Verhaltenstipps 
für Hochsensible

  • Auf den inneren Rhythmus hören 
  • Wann bin ich leistungsfähig? Wann fühle ich mich ausgelaugt? Die eigenen Stimmungen zunächst beobachten, sie dann akzeptieren und schliesslich den Tagesablauf danach ausrichten. So arbeitet man zum Beispiel in den Morgenstunden und plant dafür am Nachmittag einen langen Spaziergang ein. 
  • Momente bewusst wahrnehmen 
    Den Gedankenkreisel unterbrechen, indem man ganz bewusst auf kleine Dinge achtet: Was esse ich gerade? Wie stehe ich auf meinen Füssen? Wie fühlt sich die Gabel in meiner Hand an? 
  • Mit dem Umfeld über das eigene Erleben und Empfinden sprechen
    Zum Beispiel den Kollegen erklären, dass es einem nach der Arbeit zu viel ist, noch in eine Bar zu gehen – dass man aber am Wochenende gern mit dabei ist. 
  • Auf genügend Ruhepausen und Schlaf achten und ausreichend Wasser trinken 
    Das hilft beim Abbau von Stresshormonen. 
  • Freundlich zu sich und dem Umfeld sein, (selbst-)kritische Stimmen überprüfen
    Sich wie einem Kind gut zureden, wenn man sich nicht gut fühlt. 
  • Auf Ruhe achten
    Wenn möglich auf einen ruhigen Arbeitsplatz achten, Rückzugsmöglichkeiten einrichten und Geräuschquellen reduzieren – zum Beispiel den Kopierer nicht gleich neben dem Pult positionieren.
  • Situationen der Überreizung bewusst wahrnehmen 
    Wie fühle ich mich gerade? Dann versuchen, sich zu beruhigen (etwa sich ins Bad zurückziehen und dort tief durchatmen). Sich fragen: Welche Dinge haben dazu geführt, dass ich mich überreizt fühle? Und schliesslich lernen, damit umzugehen – etwa durch Entspannungsmethoden oder indem man einen kleinen Talisman dabeihat, den man in der Tasche halten kann.